Nach einer langen Sommersaison und dem intensiven Aufbau und Reha von meinen zwei Knie Operationen fing die Weltcupsaison anfangs November im polnischen Wisla aus meiner Sicht zu früh an. Meine Leistungen in Wisla waren katastrophal. Ich war weit weg von einer guten Form und fühlte mich ausgelaugt und brutal müde. Dies bedeutete bereits zweimal ein «Out» in der Qualifikation für den Wettkampf. Danach durfte ich eine Woche etwas pausieren.
In Kuusamo (Finnland) ging es zwei Wochen später weiter mit dem Weltcup. Auf der Schanze war ich leider technisch immer noch nicht konkurrenzfähig. Wir entschieden und kurzerhand, nach dem Weltcupwochenende noch 4 Tage in Finnland zum Training zu bleiben. Bei perfekten Bedingungen konnte ich mich von Sprung zu Sprung wieder herantasten und fand das gute Gefühl für den Sprung und den Flug wieder. Mit Selbstvertrauen ging es anfangs Dezember zum Weltcup in Titisee-Neustadt. Ich versuchte mit dem guten Körpergefühl von Finnland weiter zu arbeiten. Jedoch ist die Schanze in Titisee eine komplett andere und mein Sprung funktionierte wieder überhaupt nicht. Für mich war dies teilweise echt frustrierend und ich wusste nicht wo ich ansetzen sollte.
Mitte Dezember stand dann in Engelberg unser Heimweltcup auf dem Programm. Bei extrem cooler Stimmung und einer tollen Heimkulisse konnte ich endlich wieder stabile Sprünge zeigen. Das Gefühl kehrte so langsam wieder zurück. Für die Top 30 und den zweiten Durchgang reichte es zwar noch nicht, dennoch konnte ich sehr viele gute Schlüsse aus dem Wochenende ziehen. Die Entwicklung meiner körperlichen und technischen Verfassung stimmten mich positiv für die kommenden Wochen.
Ich entschied mich anschliessend, die Vierschanzentournee auszulassen und währenddessen im Continental Cup Schwung und Selbstvertrauen zu holen. Direkt nach Weihnachten fanden zwei COCs in Engelberg statt. Mit den Rängen 22. und 16. konnte ich in einem starken Teilnehmerfeld zweimal Punkte sammeln. Für ich ging es anfangs Januar dann direkt beim COC in Planica weiter. Mit den Rängen 24. und 16. war ich wiederum zufrieden, denn die Sprünge auf der Schanze wurden technisch immer stabiler und besser. Die Dichte der Athleten und der Konkurrenz ist im COC mittlerweile extrem stark und darum waren für mich diese Wettkämpfe auch enorm Wichtig und von Bedeutung!
Anschliessend durfte ich das erste Mal nach Japan reisen. Erst fanden drei COCs statt und eine Woche später drei Weltcups. Für mich waren die Eindrücke, welche ich in Japan sammeln durfte wunderschön und sehr inspirierend. Auf der Schanze zeigte ich gute Leistungen und konnte an die vergangenen Wochen anknüpfen. Ich erzielte bei den Continental Cups zweimal Rang 21. und mit Rang 12. mein Saison Bestresultat im COC. Bei den Weltcups konnte ich mich ebenfalls wieder steigern und näherte mich so langsam aber sicher wieder den Top 30 an. Mit Rang 43., 34. und 49. war ich dennoch nicht ganz zufriedenstellend, denn ich sah bei der Videoanalyse meines Sprunges ganz klar, wo die Defizite sind und dass ich diese beheben kann!
Vom 27. bis 29. Januar stand das erste Skifliegen der Saison auf dem Plan. Am Kulm in Bad Mittendorf ging dieses Spektakel über die Bühne. Für mich war es nach langem Warten endlich wieder Zeit um Ski zu fliegen. Vom ersten Sprung weg, machte es unglaublich Spass. Die Qualifikation für den Wettkampf der besten 40 überstand ich mit Rang 30 und 203.5 Meter. Dies weckte in mir natürlich den Anreiz auf die ersten Weltcup Punkte der Saison 22/23! Und tatsächlich, am Samstag 28. Januar erreichte ich mit Rang 27. ein erstes Mal die Weltcuppunkte in dieser Saison und das erste Mal überhaupt bei einem Skifliegen! Am Sonntag reichte es mir dann bei zähen Windbedingungen noch zu Rang 37.
Eine Woche später ging es im deutschen Willingen weiter. Aus vergangenen Jahren hatte ich diese Schanze sehr gut in Erinnerung. Dieses Jahr regnete es jedoch beinahe die ganze Zeit und die Schanze war teils unter einer Schicht Wasser ertrunken. Die Quali musste auf Samstag geschoben werden. Am Samstag und Sonntag reichte es mir leider nicht in den Finaldurchgang. Ohne lange über das verpatzte Wochenende nachzudenken, ging es direkt am Montag von Frankfurt aus in Richtung USA. Wir flogen zuerst nach Montreal, Kanada und fuhren dann mit den Bussen nach Lake Placid in Amerika. Nach 23 Jahren fanden erstmals wieder Weltcupspringen in Lake Placid statt und meine Vorfreude war riesig!
Am Dienstag und Mittwoch durften wir die Schanze bei freiem Training testen. Am Donnerstag stand dann das offizielle Training auf dem Programm und am Freitag wäre die Qualifikation an der Reihe gewesen. Diese fiel jedoch dem zu starken Wind zum Opfer. Am Samstag gingen die Wettkämpfe dann endlich los. Die Quali überstand ich mit Rang 26. und ging mit viel Selbstvertrauen in den Wettkampf. Mit einem guten Sprung erreichte ich dann wiederum die TOP 30 und kletterte im zweiten Durchgang noch auf Rang 27. Beim Sonntagswettkampf reichte es dann nach einem eher misslungenen Sprung noch zu Rang 40. Nach dem Wettkampf ging es umgehen wieder zurück nach Europa und nach Hause.
Nach 2 Tagen Zuhause ging es für mich in Rasnov beim Weltcup weiter. Auch diese Schanze hatte ich gut in Erinnerung. Vom ersten Sprung weg im offiziellen Training hatte ich ein gutes Gefühl und war bereit um voll anzugreifen.
Dann war es soweit: Samstag 18. Februar 2023, ich erwische einen richtig «geilen» Sprung im ersten Wertungsdurchgang und übernehme die Führung im Klassement nach 30 Springern. Diverse Konkurrenten scheitern an meiner Punktzahl. Schlussendlich stand ich auf dem 4. Rang nach dem ersten Durchgang. Mir war recht schnell klar: «Dominik, bleib ruhig und rufe deinen Sprung nochmals ab, dann kommt das gut!»
Im zweiten Durchgang sass ich als viertletzter am Start oben und war voll fokussiert und trotzdem ziemlich gelassen. Mein Sprung war wiederum gut, ich landete auf dem 3. Zwischenrang und rutschte noch auf Rang 7. ab. Für mich das absolute Highlight der bisherigen Saison und ein kleiner Meilenstein auf meiner langen Rückkehr seit meinen Knieverletzungen!
Nach dem Wettkampf war für mich klar: Weiter kämpfen und alles zu investieren, Tag für Tag, lohnt sich zu 100%! Dieses Gefühl, in der Weltspitze eine Rolle zu spielen; ist unglaublich cool!
Noch ist diese Saison nicht zu Ende. Es stehen noch diverse coole Wettkämpfe an und ich kämpfe weiter und arbeite hart, um mich täglich zu verbessern in allen Belangen!
Sportliche Grüsse
Dominik Peter